Nachdem das Wohnungsthema nun geklärt war, konnte ich mich in meiner Freizeit einem anderen nervigen Thema widmen – Mobilität. Gehen wir doch mal die Alternativen durch:

Bahnfahren

Bahnfahren: funktioniert in Sydney zugegeben wunderbar. Die Züge sind signifikant pünktlicher als in DE und sogar zur Rush-Hour deutlich leerer. Planen kann man seinen nächsten Trip ganz entspannt per App und bezahlt wird wie erwähnt mit Kreditkarte – auch mobil vom Handy aus. Großer Vorteil für mich: alle Züge halten immer am Hauptbahnhof und ich wohne halt 200m davon entfernt. Einziges Problem: so ein Zug hält halt nicht alle 500m, sondern eher alle 5km. Für meine alltäglichen Wege also eher ungeeignet. Im Übrigen sehen die Züge hier auch ein bisschen anders aus als in DE. Die sind hier nämlich komplett in Edelstahl gehalten:

Eine weitere ganz coole Sache ist, dass man in Australien als Inlineskater als normaler Fußgänger gilt. In den Supermärkten ist es zwar extra verboten, aber normal mit der Bahn bin ich auch gerne mal so zum Drop-In unterwegs:

Das ist jedenfalls Variante 1 und gut zu nutzen, wenn man weiter raus muss.

Zu Fuß

Immer einen vor den anderen. Wer mich kennt, der weiß: wenn ich eins hasse, dann zu Fuß unterwegs zu sein. Nicht unbedingt weil es anstrengend ist, sondern weil es so quälend langsam ist. Insbesondere die Erste Woche an der Uni bin ich jeden Tag vom Hotel gelaufen und dann eben auch von der Wohnung aus. Und es ist eine Qual. Egal, ob man schnell noch etwas aus dem örtlichen Shoppingcenter braucht, zur Arbeit muss oder einfach Hunger hat. Alles dauert ewig lange, weil man halt laufen muss. Funktioniert, ist aber auf Dauer nicht das richtige Transportmittel, wenn man nur 3 Monate hier ist.

Fahrrad

Und da kommt das Fahrrad ins Spiel. In Deutschland für mich ausschließlich für Hunderunden und die Fahrt zum Inlinehockey genutzt, werden Fahrräder hier in Sydney zu einem echten Freund. Und entsprechend gestaltet sich hier auch die Vielfalt. Ganz verrückt ist, dass es hier sehr viele kleine Lastenräder gibt, die mit zwei Akkus und Motor ausgestattet sind. Hört sich erstmal nicht aufregend an. Aufregend wird es erst, wenn man schnallt, dass die Dinger alle ein Gaspedal haben. Ähnlich wie in Deutschland die Shimano-Schaltungen funktionieren, kann man hier mit den Rädern einfach mit dem Daumen beschleunigen. Treten muss man auch nicht. Entsprechend fahren 80% dieser Gefährte hier rum, ohne dass jemals jemand tritt. Besonders spannend finde ich daran, dass das halt eigentlich eine echte Alternative wäre, um den Stadtverkehr in den Griff zu bekommen. Hier ist es da ähnlich wie in der Heimat, in 2 von 3 Autos sitzt nur eine Nase – vermutlich auf dem Weg zur oder zurück von der Arbeit. Naja, lange Rede, kurzer Sinn: Marc hatte mir ja beim ersten Training gesagt, dass ich sein Ersatzrad haben könne. Und er hat sein Wort gehalten. Entsprechend war ich dann am Donnerstagabend der zweiten Woche stolzer Leih-Besitzer dieses Mountainbikes:

Bremsen quietschen wie Sau, Sattelstange zu kurz – aber sonst ein top gepflegtes Rad – for free

Man mag sich jetzt vielleicht wundern, warum ich so viel zu dieser Radstory erzähle. Aber es ist hier halt der absolute Gamechanger, wenn man ein Rad hat. Man darf es zum Beispiel auch mit in die Öffis nehmen, wodurch sich der eigene Radius extrem vergrößert. Und weil ich es ja for free ausleihen konnte, habe ich mir gedacht, spendiere ich der Kiste doch ein kleines Makeover:

  • Bremsbeläge vorne und hinten neu
  • Schutzblech
  • Lange Sattelstange
  • Vorbau-Erhöhung
  • Handyhalter
  • Luftpumpe
  • Klingel (interessiert hier niemanden, wenn man klingelt, aber was solls)
  • Kettenöl

Ehrlich gesagt gab es dann auch noch das Sattelkissen, aber das liegt eher daran, dass ich diese knallharten Mountainbikesattel einfach null gewöhnt bin mit meinem Damen-City-E-Bike in Deutschland, haha. Bei Abholung erklärte mir Marc dann auch noch, dass ich dringend einen Helm bräuchte, da das hier 400$ kostet, wenn man keinen trägt. Ihr dürft einmal raten, wer mit den Leihrädern vorher 2 Wochen fröhlich ohne Helm durch die Innenstadt gefahren ist.

Gebastelt habe ich dann in meiner Werkstatt. Die liegt in der Wohnung zwischen Küche und Schlafzimmer, direkt neben dem Büro:

Werkzeugmäßig hatte ich mir noch einen Sechskantschlüssel, Nagellackentferner und Alkoholtücher gekauft. Da habe ich meine Werkstatt zuhause doch dann schon sehr vermisst. Dazu werde ich am Ende auf jeden Fall auch noch etwas schreiben. Gibt einige Dinge, die man hier doch sehr vermisst.

Jedenfalls sieht das Rad jetzt so aus:

Lustig war dann noch, dass meine Karte für den Fahrrad-Parkplatz hier an der Uni nicht freigeschaltet werden konnte. Da hat irgendwas mit den Servern nicht hingehauen. Aber bis die mir das geglaubt haben, hat es 5 Tage gedauert und ich habe viele solcher Mails erhalten:

Er fragt hier, ob ich auch wirklich die Karte flach gegen den Leser gehalten habe. Und er erklärt, dass er keine Öffnungsversuche im System sieht. Mitkommen und es sich vor Ort anschauen, wollte er aber erst an Tag 5 und ist dann aus allen Wolken gefallen, dass es wirklich nicht geht.

Oder hier, die Mail war auch klasse. Die hat er mir geschickt, nachdem sein Kollege meine Karte an ein paar Räumen versucht hatte, um herauszufinden, ob sie überhaupt funktioniert:

Hier beschwert er sich, dass ich veruscht hätte in die Technikräume einzutreten oder das Behinderten-WC zu nutzen. Immer im freundlich fordernden Ton.

Naja, war dann aber final auch gelöst.

Was war sonst noch so los?

Ansonsten war die Woche recht ruhig. Am Mittwoch musste ich mich leider schon von meinem neu gewonnenen Freund Christopher verabschieden. Ingenieurig wie wir sind, haben wir natürlich auch kein Foto zusammen aufgenommen. Holen wir aber nach, wenn ich ihn in DE besuche. Dann kommt das Foto hier auch noch rein. Von ihm habe ich jedenfall meine schwäbischen neuen Lieblingsworte “schwätzen/Schwätzchen” und “schaffen” gelernt. Die werden bleiben.

Am Donnerstag hatte ich mir dann noch einen Tischtennisschläger organisiert und abends das erste Mal ein Meeting mit den Kollegen in der Heimat. Bis auf die Tatsache, dass das für mich halt abends um 8 war und bei denen morgens um 10, war es aber auch nicht großartig anders als von zuhause an einem Videocall teilzunehmen. Da ist die Welt durch Covid dann doch deutlich kleiner geworden.

Am Freitag hat mich dann noch mein Kollege Boris hier zu einem Abendessen in seine WG eingeladen. Er wohnt mit Chinesen und Japanern zusammen. Das war auf jeden Fall sehr interessant, alleine schon weil die Esskultur sich so extrem unterscheidet.

Am Ende dieser Woche war dann übrigens auch das Thema Jetlag endlich komplett gegessen. Hat mich aber vorher dann aber doch 2 Wochen recht regelmäßig ab und zu aus den Latschen gehauen.